Vor ein paar Tagen schrieb ich mit Florian Kolditz, einem der Gründer von Gin-Liebhaber.de, über Interessantes aus der sozialen Gin-Welt. Er fragte mich, was ich denn von einem Gastbeitrag zum Thema «Aged Gin» halten würde.

Gern, es ist mir eine Ehre, für einen derart großen deutschsprachigen Gin-Blog einen Beitrag schreiben zu dürfen.

Während meiner Reisen für «GIN: Das Buch» durfte ich verschiedene Destillerien besuchen. In Gesprächen mit den Destillern kamen wir immer wieder auf fassgelagerte Gins zu sprechen.

Dieses besondere Finishing der Spirituose ist in den letzten fünf Jahren wieder populärer geworden.

Eigentlich keine Neuheit, denn Ende des 18. Jahrhunderts wurde Gin in Holzfässern gelagert und transportiert. Der Transport war sicher und kostengünstiger als in Glasbehältern.

Nun zurück in die Gegenwart. Das sogenannte Cask Finishing (im Holzfass ausgebaut) des Gins wurde in den letzten Jahren von vielen Marken wiederentdeckt.

Man muss Gin nicht im Fass lagern, um ihn verkaufen zu können. Er ist definitionsgemäß nach der Destillation fertig. Alles, was danach folgt, dient dem «Aufhübschen» des Produkts.

Dabei spielen unterschiedliche Faktoren eine Rolle, hier schauen wir auf:

  • Holzart
  • «Vorgänger» im Fass
  • Lagerdauer

Holzart

Die meisten Spirituosen werden in Eichenfässern gelagert. Man unterscheidet zwei Eichenarten: die europäische und die amerikanische.

Während die amerikanische eher süßere Aromen an die Spirituose abgibt, sind es bei der europäischen eher herbe Noten.

Mehr zum Thema Eichenfass: rumundco.de/magazin/fass-zinierend

Es gibt vereinzelt Gin-Hersteller, die mit Fässern aus anderen Hölzern experimentieren. Am bekanntesten ist sicher Monkey 47, die ihren Gin in eigens hergestellten Maulbeerfässern lagern. Ein Fass, das sich besonders gut zur Lagerung und Finishing für Steinobst-Brände eignet.

Auch Apfelbrände werden in Maulbeerfässern gelagert – sie unterscheiden sich dann geschmacklich vom bekannten Calvados.

Alexander Stein, einer der Gründer von Monkey 47, hat verschiedene Fässer ausprobiert, bis sie sich schließlich für die Maulbeer-Variante entschieden haben. Dem Team aus dem Schwarzwald ist es einmal mehr gelungen, den «Aged Gin» anders als andere Hersteller zu interpretieren. Geschmacklich stehen süßliche Noten im Vordergrund. Der Gin lässt sich perfekt pur genießen.

Bei den jährlichen Destillers-Cuts von Monkey 47 wird jeweils ein spezielles Botanical in den Vordergrund gestellt. Der aus dem Jahr 2020 wurde in einem Mizunara-Fass ausgebaut. «Mizu nara» heißt übersetzt «Wasser Eiche» und stammt aus Japan.

Durch das unregelmäßige Wachstum des Baumes ist dieses Holz eher ungeeignet für den Bau von Fässern. Mit viel Aufwand kann es trotzdem hergestellt werden. Es gibt also nur wenige auf dem Markt.

Geschmacklich lohnen sich die Mühen definitiv, denn der Monkey Distillers Cut 2020 war im Nu ausverkauft und Axel Klubescheidt meint, dass dieser Monkey 47 der beste je hergestellte sei.

Eine weitere Möglichkeit dem Gin eine holzige Note zu verleihen, ist, das Destillat mit Holzschnipseln einzulegen. So wird der «Wood Barreled Gin» von Turicum* aus Zürich über einige Wochen mit vier unterschiedlichen Hölzern eingelegt: amerikanische und europäische Eiche, rotes Sandelholz und Zedernholz.

Dies ergibt geschmacklich eine interessante Note, es entstehen Aromen von Karamell, Kakao und dunklem Tabak. Genießen lässt sich der «Wood Barreled Gin» pur oder mit einem wunderbaren Ginger-Ale auf Eis.

Barrel Aged Gin im Holzfass

Zusammenfassend kann man also sagen:
Eichenholz wird am häufigsten für den Fassbau verwendet. Man unterscheidet amerikanische und europäische Eiche.

Akazie, oder auch falsche Robinie, eignet sich für sortenreinen Ausbau – selten Gin. Das Holz gibt dem Destillat kaum Verfärbung und eher süßliche Aromen ab.

Walnuss wird selten als Holzfass genutzt. Beim Toasten oder Rösten des Fasses entstehen Aromen, die an einen Brotaufstrich erinnern.

Esche wird für Korn oder Obstbrände, selten für Gin verwendet. Das Eschenholz gibt kaum Farbe ab und rundet das Destillat geschmacklich ab.

«Vorgänger» im Fass

Einige Fässer werden mehrfach und für verschiedene Spirituosen verwendet: z.B. Wein, Sherry oder Portwein, Whisky oder Rum. Die anschließend im Fass gelagerte Spirituose bekommt natürlich Aromen vom «Vorgänger» mit.

So ist auch beim «20457 Hafencity Gin», der in einem Eichenfass ausgebaut wird, das vorher Jamacia Rum enthielt. Der Barrel Aged Gin «Montego Bay» bekommt dadurch feine Vanille-, Rosinen und Karamell-Noten. Zusammen mit der Frische der Kaffirlimette ist ein Gin entstanden, der seine Fangemeinde im Sturm eroberte.

Erst als Special Edition angedacht, wird der «Montego Bay» 2020 inzwischen in der 2. Auflage produziert. René Wolf, der Kopf hinter dem Hafencity-Gin, hatte die Idee, jährlich einen neuen fassgelagerten Gin als Special Edition auf den Markt bringen.

Wir dürfen gespannt sein, ob auch die diesjährige Edition, die einem Portweinfass ausgebaut worden ist, in eine 2. Runde geht…

Lagerdauer

Je länger ein Gin im Fass gelagert wird, desto weniger lässt sich der klassische Gin-Geschmack erkennen. Die Aromen des Fasses dominieren. So auch beim «Matured Blue Gin*» von Reisetbauer aus Österreich.

Dieser tolle Gin wird über einen Zeitraum von sieben Jahren im Eichenfass gelagert. Geschmacklich dominieren schließlich Fassnoten und Wacholder. Ein interessantes Produkt, weniger geeignet für einen klassischen Gin Tonic.

Wer den «Barreld Aged Gin» nicht pur trinken mag, dem empfehle ich einen Woody Negroni oder einen leckeren Old Fashioned.

Interessante fassgelagerte Gins (Liste ist nicht abschließend):

Letzte Aktualisierung am 25.04.2024 / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API

Und nun wünsche ich Euch viel Spaß beim Probieren dieser speziellen Gins.

#cheers Euer Peter Jauch


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Bild im Text von cottonbro von Pexels
Porträtfoto Peter Jauch – Credit: Florian Zenk

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zuletzt aktualisiert am 09.11.2022