Gin verkosten oder wie mittlerweile eingedeutscht das sog. „Gin Tasting“ – eine Wissenschaft für sich oder einfach Genuss?

Gin zu riechen, zu schmecken und sich darüber seine Gedanken zu machen ist Entspannung pur.

Mit dem richtigen Tropfen im Glas, etwas Übung und dem Gespür für das Besondere, geht die Reise los.

In den folgenden Zeilen erklären wir euch, wie man Gin richtig verkostet und seine „Gin Tasting-Fähigkeiten“ verbessert.

Vorbereitung & das richtige Glas

Gin wird am besten in einem Raum verkostet, dessen Temperatur zwischen 20 und 22 °C liegt.

Ist es zu warm oder kalt, leidet die Entfaltung der Aromen darunter – stand der Gin vorher eher kühl, sollte er zunächst ein paar Minuten in einer warmen Umgebung „aufwärmen“.

Beim Verkosten von Gin empfiehlt es sich den Mund vorher mit Wasser auszuspülen. Kaugummi kauen oder ein üppiges, gar würziges Mahl vor dem Probieren beeinflussen den Geschmackssinn negativ und machen daher wenig Sinn.

Bei der Art des Glases gehen die Meinungen stark auseinander, einige Experten bevorzugen einen Tumbler mit großer Öffnung, in dem die Aromen gut zirkulieren können.

Andere empfehlen den genau umgekehrten Weg – ein eher schmales, oben enger zulaufendes sog. Degustations-Glas (ähnlich einem kleinen Wein-Sektglas).

Für Tastings im Hobbybereich spielt das keine wesentliche Rolle, das Probiergefäß sollte allerdings nicht zu groß und natürlich sauber sein.

Wir arbeiten bei unseren Verkostungen sowohl mit den Spiegelau & Nachtmann Tumblern als auch mit den Degustationsgläsern.

Letzte Aktualisierung am 27.04.2024 / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API

Der Gin Geruch – das ‚Nosing‘

Als Erstes beginnt eine Verkostung mit dem Riechen von dominierenden Aromen bzw. Botanicals. Beim sog. Nosing versucht man zunächst einen kurzen Ersteindruck des Gins zu erhaschen.

Schwenkt man das Glas leicht hin und her, mischt man etwas Sauerstoff unter, was die Aromen besser transportiert.

Aus einiger Entfernung vom Glasrand kann man sich nun eine erste Meinung bilden, was nimmt die Nase hier wahr? Wacholder? Zitrusnoten? Eine würzige oder süße Schärfe? Vielleicht auch ein stark alkoholischer / sprittiger Charakter? Ist der Gin eher mild oder eher kräftig?

Nosing also riechen beim Gin verkosten, dem Tasting

Nach ein paar vorsichtigen Riechproben kann man seine Nase einmal etwas tiefer und länger ins Glas halten, was kommt nach dem ersten Aroma?

Ein hochwertiger Gin gibt nach dem anfänglichen, dominierenden Eindruck weitere Aromen frei – florale also blumige Eindrücke, erdige oder würzige/kräuterlastige Gerüche, fruchtige, mediterrane, zitruslastige, auch süße und holzige Noten sind möglich.

Tipp: für einen weiteren, komplexen Eindruck des Gins kann man die Handinnenfläche mit einem Tropfen benetzen, den Gin nun leicht zwischen den Händen reiben. Die Hände langsam direkt vor der Nase öffnen und mit verschlossenen Augen einfach nur riechen…

Wie schmeckt der Gin?

Kommen wir zum direkten Verkosten unseres Gins auf Zimmertemperatur. Genehmigen wir uns einen leichten und vorsichtigen Schluck, der Gin darf sich im Mund von der Zunge umspielen lassen um dann auf ihr zu ruhen.

Ein warmes Gefühl, bei dem gerade im London Dry Gin, so gut wie immer der Wacholder die erste Geige spielen sollte. Durch weiteres, nicht hastiges Bewegen der Zunge können weitere Aromen wahrgenommen werden.

Sollte die Aufmerksamkeit oder Übung fehlen, so kann man sich nach einer kurzer Pause einen weiteren Schluck gönnen und genau an dieser Stelle weiter machen. Bloßes Herunterkippen oder zutschende Geräusche mit Gesichtsentgleisungen sind hier allerdings völlig fehl am Platz.

Nach dem ersten, dominierenden Geschmack, kommen je nach Gin Sorte wie beim Nosing, oft fruchtige oder zitruslastige Eindrucke zu Stande. Vielleicht schmeckt man aber auch eine angenehme Schärfe heraus? Gar würzig-kräuterlastige Töne die zurückbleiben?

Auch hinterlassen einige Destillate gern etwas Pfeffer, scharfe oder erdige, harzige gar nadelige Aromen am Gaumen.

Mit etwas Wasser noch mehr schmecken?
Fügt man etwas Wasser in das Glas, entschärft man recht kräftige und sprittige Töne ein wenig. Sinn macht dies allerdings erst ab einem Alkoholgehalt von 40 % Vol. bzw. darüber.

Der hochprozentige scharfe Charakter wird etwas reduziert, nun werden die verschiedenen Botanicals besser wahrgenommen.  Stilles, temperiertes und weiches Wasser eignet sich am besten, da es keinerlei Eigengeschmack besitzt und nichts verfälscht.

Übrigens hat auch Eis einen ähnlichen Effekt, oft nimmt es sehr kräftige Aromen etwas zurück. Eiswürfel können das Ergebnis sowohl verbessern, als auch den eigentlichen Charakter überlagern / abschwächen.

Je nach Gin-Menge im Glas genügen wenige Tropfen bis einige kleine Schlücke Wasser – Ziel ist es nicht das Getränk zu verwässern oder für eine zu starke Verdünnung zu sorgen.

Ein stetiger Blick auf die Flasche und deren Botanicals kann dem Gaumen eventuell hier und dort auf die Sprünge helfen.

Zusammenfassung für das richtige Tasting:

  • Gin auf Zimmertemperatur bereitstellen
  • sauberes Glas mit mittelgroßer Öffnung verwenden
  • Mund ausspülen, keine Kaugummis oder große Mahlzeiten direkt vor dem Probieren
  • zunächst vorsichtig riechen, dann etwas tiefer mit der Nase ins Gefäß
  • Zeit lassen, Augen schließen und wirken lassen
  • beim direkten Probieren zunächst winzige Schlücke
  • den Gin etwas auf der Zunge behalten für den ersten Eindruck
  • bei sehr alkohollastigen Destillaten ein paar kleine Tropfen Wasser oder Eis hinzugeben

Übung macht den Meister…

Oder besser Genießer, denn die ersten Gin Tastings werden wohl eher ernüchternd ausfallen. Ohne etwas Übung und Routine beim verkosten bleiben zumeist neben Wacholder oder Zitrus kaum komplexe Aromen oder Eindrücke zurück.

Der Geruch und Geschmack von Alkohol gepaart mit nicht zuordenbaren und unbekannten Botanicals sollten den Hobby Gin-Fan jedoch nicht demotivieren: als erstes kommt der Genuss, später dann der immer feiner werdende Sinn für Geschmack und Aroma beim verkosten des richtigen Gins.

 


zuletzt aktualisiert am 17.02.2021