Ein Martini in einer alkoholfreien Version – darf man dem König aller Cocktails sowas überhaupt antun? Ich habe nicht viel übrig für die Monarchie und einfach den Versuch gewagt.

Mit Bier hat es angefangen, dann kamen Wein und Sekt, jetzt ist ganz offensichtlich der Gin an der Reihe. Die Rede ist von Getränken, deren integraler Bestandteil Alkohol ist, die es jetzt aber immer öfter auch in einer alkoholfreien Varianten gibt. Beim Gin ist die Auswahl noch übersichtlich, aber ein kleiner Trend ist erkennbar.

Es gibt inzwischen zumindest eine Hand voll alkoholfreier Gins im hiesigen Handel: „GinSin Premium 12 Botanics“ aus Spanien (ca. 8 Euro für 0,7 Liter), „Herbie Virgin“ aus Dänemark (ca. 22 Euro für 0,7 Liter), „Seedlip Spice 94“   aus England (ca. 30 Euro für 0,7 Liter) und der „Siegfried Wonderleaf“ aus Deutschland – genauer gesagt: von den Machern des Siegfried Gins aus Bonn (ca. 20 Euro für 0,5 Liter).

Alkoholfreier Gin + alkoholfreier Wermut

Wenn ich Gin höre, denke ich sofort an … ok, Gin Tonic. Aber danach denke ich sofort an Martini, diesen einfachen, aber eleganten Cocktail, den James Bond durch Schütteln immer wieder verunstalten lässt. Ein Martini besteht in seiner klassischen Form lediglich aus Gin und trockenem Wermut.

Er ist also zu 100 Prozent von diesen beiden Zutaten abhängig. Wenn auch nur eine nicht funktioniert, funktioniert der ganze Drink nicht. Kann man also aus einem alkoholfreien Gin, einen ordentlichen Martini mixen?

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Ich wage den Versuch und lade mir neben den oben genannten vier Gin-Sorten auch noch einen alkoholfreien Wermut namens „Blutul Bianco“ nach Hause ein. Es ist der einzige weiße Wermut ohne Alkohol, den ich gefunden habe. Allerdings handelt es sich hier nicht um einen trockenen, sondern um einen etwas lieblicheren Vertreter – Bianco eben. Aber in Null-Promille-Angelegenheiten darf man wohl nicht allzu wählerisch sein.

Bloß Wasser mit Geschmack?

Alkoholfreie Gins sind im Prinzip destilliertes Wasser mit Aroma. Wie das Aroma in den Gin kommt, unterscheidet sich von Abfüllung zu Abfüllung etwas. GinSin schmeckt dermaßen künstlich und pappig-süß (und sieht auch so aus), dass ich stark auf künstliche Aromen tippe. Die lapidare Angabe „flavours“ auf dem Etikett bestärkt mich in dieser Annahme.

Bei den anderen drei ist das etwas anders: Die Hersteller verweisen auf eine Herstellung, die einem echten Gin sehr nahe kommt und darauf, dass sie ohne künstliche Aromen arbeiten. Angeblich wird hier wirklich destilliert und mazeriert (eingeweicht).

Tatsächlich sind Herbie Virgin, Seedlip und Wonderleaf geschmacklich um Welten besser als der GinSin. Aber leider auch weit weg, von einem echten Gin. Dass bei allen das für mich typische Wacholderaroma fehlt, könnte man noch verzeihen. Immerhin pfeifen gerade neumodische Gin-Sorten inzwischen auch darauf. Was mir aber besonders fehlt, ist das Cremige, die Textur, die der Alkohol liefert. Im Mund fühlen sich alle Kandidaten an wie Wasser – damit muss man leben.

Kann der alkoholfreie Martini funktionieren?

Am gelungensten finde ich noch den Wonderleaf mit einer leicht weihnachtlichen, aber irgendwie auch frischen, kräutrigen Note. Der Seedlip folgt dicht dahinter mit einem vergleichbaren Profil, aber einem etwas bitteren Nachgeschmack. Der Herbie schmeckt mir zu stark nach Thymian und Rosmarin – da bin ich eher beim Kochen. Die Ausgangslage ist also nicht besonders. Immerhin: Den Blutul Bianco finde ich ganz gelungen … für einen alkoholfreien Wermut.

Aber es nützt ja nichts, ich mixe also vier Martinis. Dafür nehme ich jeweils 4 cl des alkoholfreien Gins, die ich zusammen mit 1 cl des alkoholfreien Wermuts auf Eis ordentlich kalt rühre und in ein Martini-Glas abseihe.

Das Ergebnis ist kein Martini, das hatte ich auch nicht erwartet. Aber es ist durchaus trinkbar. Gin und Wermut heben sich gegenseitig auf ein Level, das wesentlich besser schmeckt, als wenn man die Zutaten einzeln trinkt. Das ist ja auch irgendwie der Sinn von Cocktail-Mixen.

Die Zitrone macht den Unterschied

Im nächsten Schritt füge ich noch eine Zitronenzeste hinzu, die ich vorher über dem Glas ausdrücke. Und was soll ich sagen: Genau das macht den alkoholfreien Martini gleich doppelt so gut. Ich spreche hier immer noch nicht von einem echten Martin-Erlebnis, dafür fehlt auch das eben erwähnte Mundgefühl. Aber es kommt immerhin ein alkoholfreier Cocktail dabei heraus, der mir gut schmeckt: Würzig und kräutrig, leicht fruchtig durch den Wermut, frisch durch die Zitrone.

Also mein Tipp: Die ätherischen Öle der Zitronenschale dazu geben!

Dabei schmeckt mir auch im Mix der Wonderleaf am besten, dicht gefolgt vom Seedlip – die beiden tun sich nicht viel, der Seedlip ist aber etwas bitterer. Der Herbie schmeckt mir immer noch zu sehr nach Thymian, auch wenn das dank des Blutul Bianco etwas abgemildert wird – also ebenfalls trinkbar und wohl einfach Geschmackssache. Was nach wie vor gar nicht geht, ist der GinSin. Da können auch Wermut und Zitrone nichts retten. Furchtbar!

Fazit: Man darf nicht zu viel erwarten

Einen alkoholfreien Martini herzustellen, ist derzeit mit käuflich erhältlichen Zutaten nicht möglich – zumindest laut meiner Recherche und wenn man echtes Martini-Aroma erwartet. Aber: Die genannten alkoholfreien Gins ergeben – bis auf eine Ausnahme – in Kombination mit dem alkoholfreien Wermut einen leckeren Martini-Ersatz für Schwangere, Autofahrer und sonstige Abstinenzler.

Wobei man klar darauf hinweisen muss: Bis zu 0,5 Prozent Alkohol können trotzdem drin sein, aber das ist bei den meisten alkoholfreien Bier-, Wein- und Sekt-Sorten ebenso. Ich bilanziere: Das Ergebnis meines kleinen Versuchs finde ich ganz in Ordnung und ich bin doch positiv überrascht.

 

Christian Lanzerath von https://schnaps.blog